GA FCT: Wie wird Risiko zur Chance?

Generalversammlung der FCT: Wie wird Risiko zur Chance?

In diesem aussergewöhnlichen Jahr wollte die FCT-Gruppe an ihrer Generalversammlung vom 17. September 2020 in Lausanne auch ein besonderes Thema in den Mittelpunkt stellen, den Begriff des Risikos.

Risiko gehört nämlich unweigerlich zum Leben, alles kann zum Risiko werden: Anlageentscheidungen, ein Jobwechsel oder einfach das Überqueren der Strasse. Doch wenn man ein Risiko eingeht, setzt man sich auch einer Gefahr aus, muss drohendes Ungemach ertragen oder seine Komfortzone verlassen. Es ist zwar illusorisch, ein Leben ohne Risiko führen zu wollen, doch es mag verlockend erscheinen, sich möglichst gut dagegen abzusichern. So fällt auf, dass die Illusion des Null-Risikos in der heutigen Gesellschaft immer mehr überhand nimmt: Man scheint sofort vorsorgliche Massnahmen treffen zu wollen, sobald auch nur der Hauch einer Gefahr eintritt.

Doch das Null-Risiko zum höchsten Ziel zu erklären, heisst auch Risiken einzugehen! Nämlich das Risiko, sich der Möglichkeit zu berauben, neue Wege einzuschlagen oder vielleicht einer besseren Zukunft entgegen zu gehen. Und die Reduktion des Risikos, «etwas zu unternehmen», erhöht automatisch das Risiko «nichts zu unternehmen», also etwas Schönes zu verpassen. Damit könnte man die Möglichkeit versäumen oder darauf verzichten, sich selbst zu übertreffen oder einen Traum zu verwirklichen. Oder nie den Fundus an Kreativität, Energie oder Mut zu entdecken, der in uns schlummert, der aber nur zutage tritt, wenn wir eine Krise bewältigen müssen. Die Covid-19-Pandemie hat dafür wieder einmal den Beweis erbracht.

Die bewusste Entscheidung, ein Risiko einzugehen, ist also ein Abwägen zwischen der Vorsicht, die zum Schutz von bereits Erreichtem manchmal sinnvoll erscheint, und dem Mut, der beim Einschlagen neuer und unbekannter Wege nötig ist. Wie verwandelt man nun also ein Risiko in eine Chance? Vor dieser universellen Frage stehen wir alle immer wieder, sei es bei der Organisation unserer beruflichen Laufbahn oder eines erfüllten Privatlebens. Und natürlich auch bei der Überarbeitung der Altersvorsorge in der Schweiz!

Diese Überlegungen wurden konkret veranschaulicht: Die Gäste der Generalversammlung erhielten die Gelegenheit, in Vorträgen zwei aussergewöhnliche Persönlichkeiten kennen zu lernen, die täglich grösste Herausforderungen bewältigen. Zwei herausragende Sportlerinnen bereicherten das Olympische Museum in Lausanne durch ihre Ausstrahlung und ihre leidenschaftliche und spannende Berichterstattung.

Die talentierte Nachwuchsreiterin Celine van Till gehörte dem Juniorenkader Dressur der Schweiz an, als sie 2008 vom Pferd stürzte und sich lebensgefährlich verletzte. Nach langen Monaten im Spital und unter riesigen physischen und mentalen Anstrengungen stieg sie wieder in den Sattel und nahm zweimal am Dressurwettbewerb der Reiter mit Behinderung der Weltreiterspiele sowie an den Paralympics 2016 in Rio teil. Doch vor zwei Jahren verspürte sie das Bedürfnis, sich weitere Ziele zu stecken: Sie richtete ihre Karriere als Sportlerin auf die Leichtathletik aus und begann mit dem Sprint, um ihren Traum von Olympia erneut leben und an den Paralympics von Tokio teilnehmen zu können.

Auf der Bühne erläuterte uns Celine mit viel Überzeugungskraft ihre Lebensphilosophie, die sich in ein paar Worten ausdrücken lässt: Alles ist möglich! Durch ihren Vortrag und ihre Erfahrungen hat sie uns wunderbar gezeigt, wie grösste Hürden überwunden werden können, indem man sie in Chancen verwandelt. Während der Covid-19-Pandemie fand Celine sogar Mittel und Wege, die Situation zu ihren Gunsten zu nutzen, um in der «Selbstquarantäne» zu trainieren und so ohne die Unterstützung ihres Trainers neue Arbeitsstrategien zu entwickeln. Dadurch hat sie grössere Autonomie gewonnen. Celine ist mit ihrem Lebensweg ein leuchtendes Beispiel für Mut und Resilienz.

Auch Nina Burri, Schlangenfrau, Model und Schauspielerin, sorgte für emotionale Momente. Mit eisernem Willen und grosser Hartnäckigkeit schaffte sie es, mit 18 Jahren, also recht spät für eine solche Ausbildung, an einer Ballettschule in Berlin aufgenommen und zur klassischen Tänzerin ausgebildet zu werden, trotz der negativen Kommentare aus ihrem Umfeld. Im Laufe dieser ersten Karriere tanzte sie auf den klassischen Bühnen der ganzen Welt, aber auch im Moulin Rouge in Paris oder im Béjart Ballet in Lausanne. Ihr innigster Wunsch war es jedoch, solo mit einer spektakulären Nummer aufzutreten. Sie beschloss mit 30 Jahren, alles hinter sich zu lassen und nach China zu ziehen, um sich dort zur Kontorsionistin ausbilden zu lassen, zusammen mit 6- bis 14-jährigen Kindern und bei ausschliesslich Mandarin sprechenden Lehrern! Nach ihrer Rückkehr erlangte sie internationale Berühmtheit in der Welt der Kontorsionisten und kann von ihrer Kunst leben. So nahm sie beispielsweise an der berühmten TV-Show «America’s Got Talent» oder an der Tournee des Zirkus Knie teil.

Mit dem Bericht aus ihrem Leben und ihrer Karriere vermittelte uns Nina eine sehr optimistische Botschaft: Verleugne nie deine Träume! Sie rief dazu auf, mehr zu wagen und auf seine innere Stimme zu hören, die uns den Weg weist. Veränderungen sind Teil des Lebens und es ist sinnlos, sich an etwas festzuklammern, was Sicherheit verspricht. Man muss, im Gegenteil, seine Begabungen dort einsetzen, wo sie nützlich sind und einen Unterschied bewirken; Kritiker oder Nörgler sollte man ignorieren. So trat sie beispielsweise während des Quasi-Lockdowns zusammen mit einem befreundeten Musiker als Strassenkünstlerin auf, um damit allen Menschen, die keine gemeinsamen Veranstaltungen mehr besuchen konnten, eine Freude zu machen. Ninas Geschichte ist wirklich ein wahr gewordener Traum und eine wunderbare Quelle der Inspiration.

Die diesjährige Generalversammlung stand also ganz im Zeichen grosser Emotionen. Mit den Einblicken in ihr aussergewöhnliches Leben haben wir Celine und Nina als zwei wunderbare Menschen kennen gelernt, denen es gelungen ist, ihre persönlichen Schwierigkeiten in Chancen zu verwandeln. 

Wir freuen uns auf die nächste Generalversammlung, die am 16. September 2021 stattfinden wird!