Wie lange können sich Vorsorgestiftungen von Versicherungsunternehmen noch halten?

Bei Einführung des BVG gründeten 22 Versicherungsunternehmen Vorsorgestiftungen und eröffneten sich so den Zugang zum Markt der 2. Säule. Stiftungen von Versicherungsgesellschaften mussten damals nur wenige Auflagen erfüllen, und die Rahmenbedingungen (Finanzmärkte) waren äusserst günstig. Dies ist heute nicht mehr der Fall. Versicherer unterliegen nunmehr dem «Schweizer Solvenztest (SST)».

Auf Ebene der Vermögensanlage hat der SST zur Folge, dass Versicherer eine sehr konservative strategische Allokation verfolgen müssen. Bei den seit Jahren niedrigen Zinsen ist es mithin kaum mehr möglich, mit einer konservativen Anlagestrategie die gemäss BVG garantierten Leistungen abzusichern (hoher Umwandlungssatz, Verzinsung der Altersguthaben etc.). Die FINMA unterstreicht hier, dass die Versicherer enorme Herausforderungen zu meistern haben und es Jahre dauern wird, bis ihre Bilanzen sich völlig erholt haben werden. Indessen wurde der seit dem 1. Januar 2011 obligatorische Schweizer Solvenztest mehr und mehr aufgeweicht, obschon er auch nach Meinung der FINMA im Versicherungsbereich eines der wichtigsten Instrumente für einen wirksamen Kundenschutz darstellt. Die letzte Erleichterung geht auf das Jahr 2013 zurück. Sie beinhaltet eine (auf drei Jahre befristete) temporäre Anpassung des Interventionsschwellenkonzepts (Beispiel: danach ist ein Versicherungsunternehmen mit einem SST-Quotienten zwischen 80% und 100% berechtigt, Dividenden an seine Aktionäre auszuschütten).

Dank der als Resultat der «Legal Quote» erzielten Transparenz kann festgestellt werden, dass die Marge im Risikoprozess (die ungefähr der Differenz zwischen den verrechneten Prämien und den bezahlten Leistungen entspricht) bei rund 50% liegt. Diese Marge ermöglicht es den Stiftungen der Versicherungsunternehmen, die gemäss BVG garantierten Altersleistungen zu finanzieren. Im Rahmen des Reformprojekts «Altersvorsorge 2020» soll es der FINMA nunmehr untersagt werden, zu hohe Risikoprämien (Invalidität und Tod) zu akzeptieren; im Gegenzug sind für das Altersrisiko gesonderte Prämien vorgesehen.

Für die Stiftungen der Versicherer haben die mannigfachen Auflagen weitreichende Folgen. Eine davon – vielleicht die augenfälligste – ist die anhaltende Entwicklung, dass immer mehr Versicherer aus dem Markt ausscheiden: Heute sind nur noch acht Akteure präsent (mit oder ohne Garantie). Derweil gibt es zahlreiche unabhängige (also nicht gewinnorientierte, hingegen dem Prinzip der Gegenseitigkeit verpflichtete) Stiftungen, die vorteilhafte Modelle auf gemeinschaftlicher und halb-autonomer Basis anbieten. Angesichts dieser Tatsache stellt sich die Frage: Wie lange werden sich die Vorsorgestiftungen der Versicherer noch halten?

Francine Oberson

Francine Oberson

Beratungsdienste, Lic. Oec., Trianon AG