Digitalisierung in der beruflichen Vorsorge: Stellt sie einen echten Mehrwert dar oder ist sie eine Gefahr für die individuelle Beratung?

Die Périclès-Gruppe, ein international tätiges Beratungsunternehmen mit Sitz in Paris, ist spezialisiert auf Banken, Finanzen, Versicherungen und soziale Absicherung. Seit über zwanzig Jahren unterstützt sie ihre Kunden umfassend von der Strategie bis hin zur Umsetzung. Sie verfügt über ein anerkanntes Know-how in der Durchführung von Marktstudien und erstellt jedes Jahr eine wichtige Studie zum Stand der Digitalisierung bei den Akteuren der beruflichen Vorsorge in der Schweiz. Diese ist eine Bestandsaufnahme und zeigt Trends in der Digitalisierung bei den Vorsorgeeinrichtungen auf.

Wir konnten Frau Audren Riou, Managerin und Herrn Rolando Quintas, Senior Manager – beide für die Studie 2021 verantwortlich – zu einem Gespräch treffen. Wir wollten mehr über dieses Thema erfahren, das innerhalb unseres Vorsorgesystems immer wichtiger wird, wie auch über die damit verbundenen Chancen und Risiken.

 

Welches sind aus Ihrer Sicht die Schlüsselelemente einer guten Digitalisierung in der Berufsvorsorge?

Für eine Institution der beruflichen Vorsorge bedeutet das Digitalisieren der Aktivitäten, digitale Technologien oder künstliche Intelligenz in die Geschäftsprozesse zu integrieren, was Reflexion und Methodik voraussetzt. Denn, man muss sich die Frage stellen, was Digitalisierung tatsächlich bedeutet und weshalb man sie einsetzen möchte. Dazu müssen zwei sich ergänzende Achsen berücksichtigt werden. Zum einen gilt es, den Nutzer in den Mittelpunkt seiner Überlegungen zu stellen, um sicherzugehen, dass seine Erwartungen und Bedürfnisse tatsächlich erfüllt werden, und zum anderen ist die Digitalisierung eine Chance, eigene Geschäftsprozesse zu überdenken und Abläufe zu optimieren. Schliesslich ist darauf zu achten, dass die Nutzung digitaler Dienste durch einfache, benutzerfreundliche und sogar unterhaltsame Plattformen und Tools ausgestaltet wird.

 

Was genau macht die Digitalisierung für Vorsorgeeinrichtungen so wichtig?

Sie hat auf mehreren Ebenen einen positiven Effekt. Die beiden wichtigsten Vorteile, die aus der von uns durchgeführten Studie hervorgehen, sind eine verbesserte Reaktionsfähigkeit der Vorsorgeteams durch eine höhere Bearbeitungsgeschwindigkeit der Dossiers und die Kundenzufriedenheit dank des automatisierten Informationsaustauschs. Mit einem erfolgreichen Digitalisierungsplan können Vorsorgeeinrichtungen ihre Kunden und Versicherten besser informieren und ihnen die Möglichkeit bieten, bestimmte Aufgaben online zu erledigen. Gleichzeitig verbessert sich die Servicequalität, weil der Optimierungsprozess Zeitersparnisse generiert.

 

Was sind die Vorteile der Digitalisierung für Unternehmen und Versicherte?

Für Unternehmen besteht der Hauptvorteil der Digitalisierung darin, dass alles, was mit ihrer beruflichen Vorsorge zu tun hat, online verwaltet werden kann: die Übersicht über die Verträge und die Versicherten, das Überwachen der Beiträge, das vereinfachte Melden der Löhne und der Ein- und Austritte usw. Die Versicherten können ihrerseits von einem stark vereinfachten Zugang zu allen Informationen über ihre Vorsorge profitieren und autonom mit dem System interagieren, um z. B. bestimmte persönliche Daten abzuändern oder Simulationen ihrer Leistungen durchzuführen, wenn sie Einkäufe tätigen oder eine Leistung in Form von Kapital für den Kauf einer Immobilie beantragen.

 

Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Digitalisierung im System der beruflichen Vorsorge in den letzten Jahren?

In den vergangenen drei Jahren ist die durchschnittliche Digitalisierungsrate der an der Studie beteiligten Vorsorgeeinrichtungen stabil geblieben (42%), wobei diese Rate unter den Befragten sehr unterschiedlich ist. Wir konnten im Zusammenhang mit der Digitalisierung auch die Bereitschaft einiger Einrichtungen feststellen, das Wohlbefinden ihrer Teams zu erhöhen und die Kundenzufriedenheit zu verbessern; halten jedoch fest, dass dieser Gewinn nicht immer auf einen konkreten Umsetzungsschritt zurückzuführen ist. Das liegt zum Teil daran, dass ein Digitalisierungsprojekt erhebliche Investitionen bedingt und die bereitgestellten Budgets nicht immer den erforderlichen Mitteln entsprechen.

 

Welche Verbesserungen sollten Ihrer Meinung nach prioritär erfolgen?

Die Studie ergab, dass drei Arten von Dienstleistungen noch sehr wenig digitalisiert sind: Funktionen zur Simulation von Leistungen, Dienstleistungen für Unternehmen und Online-Akten. Für Vorsorgeeinrichtungen, deren Dienstleistungen noch wenig oder nicht digitalisiert sind, sollte das Einrichten von Informations- und Beratungsdiensten oberste Priorität haben. Dieser Ansatz stellt einen ersten Schritt in Richtung Digitalisierung dar, erfordert auch keine erheblichen Investitionen, verbessert hingegen die Zufriedenheit von Kunden und Versicherten rasch. Im Anschluss empfiehlt sich das Entwickeln von Dienstleistungen zur Leistungssimulation (Einkauf, Pensionierung, Scheidung usw.), was den Vorsorgeeinrichtungen einen echten Mehrwert bringt.

 

Glauben Sie, dass eine anhaltende Entwicklung der Digitalisierung langfristig eine Verschlechterung der Servicequalität und den Verlust des menschlichen Kontakts zwischen den Vorsorgeeinrichtungen und ihren Kunden und Versicherten zur Folge hat?

Dieses Risiko besteht tatsächlich, wenn die für den Digitalisierungsplan bereitgestellten Mittel oder Kompetenzen nicht ausreichend sind und noch viel mehr, wenn die digitalisierten Dienstleistungen nicht den Wünschen der Nutzer entsprechen. Aus diesem Grund ist es wichtig, Dienstleistungen zu entwickeln, die wirklich deren Erwartungen und Bedürfnissen entsprechen, sowie ein Management mit den richtigen Tools und Indikatoren einzurichten, um genau dies sicherzustellen. Es ist dieser Ansatz, der es den Vorsorgeeinrichtungen in Verbindung mit den Zeitersparnissen ermöglicht, ihren Vorsorgeteams zusätzliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit sie auf komplexere Anfragen individuelle Antworten geben können, was wiederum eine Aufwertung der Qualität der Beziehung zwischen der Einrichtung und ihren Kunden und Versicherten zur Folge hat. Der Mensch und das Digitale stehen also nicht in Konkurrenz zueinander, sondern ergänzen sich.

 


 

Innerhalb der Stichprobe der Institutionen, die an der Studie der Périclès-Gruppe teilgenommen haben, hat sich die FCT-Gruppe zum zweiten Mal in Folge als die Nummer 1 in der Digitalisierung hervorgetan. Auf dieses Ergebnis sind wir stolz. Es zeigt, welche Bedeutung wir schon immer der Transparenz und dem vereinfachten Zugang zu allen relevanten Informationen beigemessen haben. Wir glauben, dass es für die Versicherten von entscheidender Bedeutung ist, ihre Rechte und die Möglichkeiten zu verstehen, die ihnen die zweite Säule bietet. Denn sie macht den grössten Vermögensanteil der in der Schweiz arbeitenden Menschen aus. Das Passwort geschützte Internetportal, das wir unseren Kunden, Aktiv-Versicherten und Pensionierten zur Verfügung stellen, entwickelt sich aufgrund regelmässiger Nutzerumfragen zur Zufriedenheit kontinuierlich weiter. Dieses steht ebenso in einer vereinfachten Version als mobile Applikation zur Verfügung. Das Thema Digitalisierung wird eines der Hauptthemen an der nächsten Generalversammlung der FCT-Gruppe sein, die am 6. September 2022 in Zürich und am 15. September 2022 in Lausanne stattfindet.